Zeichentrick

1961 schloss William Van Horn am California College of Arts and Crafts sein Studium als Werbegrafiker ab. Doch es zog ihn zum Zeichentrickfilm. Schon bald fand er eine Anstellung bei dem Studio Imagination, Inc. in San Francisco.

Trip Into Space (1966)

Dort war Bill hauptsächlich für das Inking, d. h. die Übertragung der Bleistiftzeichnungen auf die Trickfilmfolien, und für die Kolorierung zuständig; teilweise fertigte er auch Hintergrundzeichnungen an. Außer an 8 Werbespots war er an 4 Episoden der Cartoonreihe „The Hunter“ beteiligt, die von NBC im Rahmen der Show „King Leonardo And His Short Subjects“ landesweit ausgestrahlt wurden.

Als erster Meilenstein folgte bald darauf der von den Moulin Studios produzierte Film „The Smell Of Wax“, für den Van Horn den größten Teil des Layouts und alle Hintergründe schuf; die Animation der Figuren stammte von John Crow. Dieser Cartoon, der auch Bills erste Kinoproduktion darstellte, hatte den Stierkampf im Spanien der 20erjahre zum Thema und basierte auf einer wahren Begebenheit.

Nach diesen vielversprechenden Anfängen musste William Van Horn seine Trickfilmkarriere unterbrechen, da er zum Wehrdienst eingezogen wurde. Als er 1964 nach San Francisco zurückkehrte, arbeitete er zunächst als Grafiker bei The Smith Company, betätigte sich aber freiberuflich auch in verschiedenen Trickfilmstudios.

Für Walter Landor Associates arbeitete er von 1965 bis 1967 an insgesamt 6 Filmen mit, meist Werbung.

Auch bei Mills Animation / Communication Films war er 1966 an 8 Werbefilmen beteiligt. In diesem Studio hatte er Gelegenheit, die Disney-Veteranen Bob Carlson und John Freeman kennenzulernen.

Math Film Loop (1972)

1967 fand Bill eine Anstellung in einem Studio, dem er die nächsten acht Jahre treu bleiben sollte: Davidson Films, Inc. Er wurde Artdirector der Trickfilmabteilung. Jedoch gab es in dem kleinen Studio mit nur zwölf Angestellten keine fest umrissenen Aufgabenbereiche, sodass Van Horn häufig die gesamte Produktion eines Films übernahm. Dies umfasste die Erstellung von Storyboards, Layout, Hintergründe, Animation und Kamera, manchmal auch das Sprechen der Dialoge. Anfangs gehörten zu seinen Aufgaben auch das Inking und die Kolorierung, später wurden die Bleistiftzeichnungen im Xerox-Verfahren direkt auf die Folien kopiert und das Kolorieren erledigte ein externes Studio. Lediglich mit dem Filmschnitt und der Tonabmischung war Bill nie befasst.

Bei Davidson begann auch eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem begabten Animator Mitchell Rose, die entscheidenden Einfluss auf Bills künstlerische Entwicklung hatte. Die schlechte Qualität der vorgegebenen Drehbücher machte es häufig nötig, die Dialoge umzuformulieren. Später schrieb Van Horn mehrere Drehbücher selbst.

Insgesamt war Bill bei Davidson an 90 Filmen beteiligt, die meisten davon kurze Lehrfilme für den Vertrieb an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Seine Arbeiten erhielten zahlreiche Auszeichnungen, darunter fünf CINE Golden Eagle Awards und zwei Silbermedaillen beim Kinderfilmfestival in Venedig.

1975 kaufte Van Horn zusammen mit zwei Partnern das Davidson-Studio, welches von nun an als Aesop Films, Inc. firmierte. Im Wesentlichen setzte man die Davidson-Linie mit den kurzen Lehrfilmen fort.

Rats Of NIMH (1976)

1976 erwarb Aesop Films eine Option auf den Roman „Mrs. Frisby And The Rats Of NIMH“ von Robert C. O’Brien. Es war geplant, eine TV-Miniserie daraus zu machen. Nach diversen Vorstudien und Beratungen mit der Trickfilmlegende Chuck Jones verlief das Projekt jedoch im Sande, sodass es Don Bluth vorbehalten blieb, einige Jahre später das Buch mit enormem Erfolg zu verfilmen.

Wirtschaftlich stand Aesop Films aufgrund der schlechten Auftragslage unter keinem guten Stern. Nachdem er 15 Trickfilme für Aesop produziert hatte, beschloss Van Horn daher 1977 gemeinsam mit seinen Partnern, das Studio zu schließen.

Fortan widmete Bill sich hauptsächlich dem Schreiben und Illustrieren von Kinderbüchern. 1979 realisierte er aber noch ein letztes Filmprojekt, als er gemeinsam mit Mitch Rose für Sparlin-Free Productions das Drehbuch zu „The Reluctant Robot“ verfasste. Es handelte sich um einen 50-minütigen Realfilm mit mehreren Zeichentricksequenzen, die ebenfalls von Rose und Van Horn gestaltet wurden. Bill war mit dem Ergebnis jedoch nicht zufrieden, da das Drehbuch vom Studio drastisch umgearbeitet wurde.

William Van Horn arbeitete in seinen 14 Jahren im Trickfilmgeschäft an insgesamt 133 Filmen.

In dieser langen Zeit erlernte er viele Dinge, die ihm in seinem weiteren Werdegang sehr nützlich waren. Schon seine sieben selbstverfassten Kinderbücher strahlen Bills unverkennbaren Humor aus. Auch die Zeichnungen lassen schnell eine geübte Hand erkennen.

Doch besonders Bills Comics profitieren enorm von seiner Trickfilmzeit. Die Comicstorys sind witzig und spannend strukturiert. Wie in den Trickfilmen ist in den Comicpanels eine fortlaufende Bewegung zu erkennen. Das Tempo der Comichelden variiert dabei von gemütlichen Spaziergängen bis zu rasanten Aktionen, bei denen sogar die Schweißtropfen mit der Geschwindigkeit kaum mithalten können. Die Comicfiguren werden aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Selbst Dialoge, Soundwörter und Textkästchen hat Bill mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen gezeichnet.

Bildfolge aus D97506

Heutzutage kann man sich in der ganzen Welt auf zahlreichen Fernsehkanälen rund um die Uhr mit Zeichentrickfilmen berieseln lassen. Doch die Qualität lässt häufig zu wünschen übrig. Insofern ist es sehr bedauerlich, dass Bills Trickfilmen kaum Beachtung geschenkt wird. Seine lustigen Filme haben mit Sicherheit eine erneute Ausstrahlung verdient.

Doch vielleicht kommt einmal eine Zeit, in der diese liebevollen Trickfilme den Weg zurück auf die Mattscheiben finden.

 
Abbildungen © Sunbeam Bread, Davidson Films, Aesop Films, Disney.
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