Das folgende Interview führte John Iatrou, ein 14-jähriger Journalist in spe aus Griechenland, im August 2010. Es wurde zuerst in einer griechischen Übersetzung bei GreekComics veröffentlicht.
John Iatrou: Erzähl mir zuerst ein wenig von deinen ersten Schritten in der Comicproduktion … Wenn ich mich nicht irre, hast du als Cartoonist begonnen.
William Van Horn: Zum Zeichnen kam ich 1961 in einem kleinen Zeichentrick-Studio in San Francisco, Kalifornien. Ich verbrachte viele Jahre im Filmgeschäft. Von dort kam ich zu den Kinderbüchern und von da zu den Comics. Alle diese Stationen hatten mehr oder minder großen Einfluss auf mich.
JI: Ich würde dir gern ein paar Fragen zu der ersten von dir geschaffenen Figur, Nervous Rex, stellen, zumal sie in Griechenland nicht veröffentlicht wurde. Dein Zeichenstil für Rex hat sich in deinen Duck-Comics nicht sehr geändert. Wie ist das mit deinem Erzählstil, den urkomischen Gags und Dialogen?
WVH: Nervous Rex (mein Comicheftdebüt 1985) war stark vom Werk George Herrimans beeinflusst. Die verrückte, leicht surreale Welt, die er für Krazy Kat geschaffen hatte, spiegelt sich sehr oft in Rex wider. Was Stil und Inhalt betrifft, liegen Welten zwischen Rex und den Ducks. Nur den schrägen Humor gibt es (glaube ich) in beiden.
JI: Wer sind deine Lieblingskünstler?
WVH: Meine Lieblingszeichner waren (und sind) Carl Barks und Chester Gould, der Schöpfer des Comicstrips Dick Tracy.
JI: Kommen wir nun zu den Ducks. Es würde mich interessieren, etwas über den vielleicht besten Zeitabschnitt deiner Karriere zu erfahren – als du ein Script von Carl Barks illustriertest. Wie gefiel dir das? Half dir Carl bei der Zeichenarbeit, oder hast du sie alleine erledigt?
WVH: Die Arbeit mit Carl an Geschichte und Geschichten war mir Vergnügen und Ehre zugleich. Ich hatte Carl vor dem Projekt kennengelernt und wir kamen gut miteinander aus. Carl hat sich in die Zeichenarbeit nicht eingemischt. Das überließ er mir. Er betrachtete es als große Erleichterung, die Zeichnungen nicht machen zu müssen. Schließlich war er während des Projekts schon 93 Jahre alt.
JI: Vor Geschichte und Geschichten hattest du an einigen Ducktales-Geschichten gearbeitet. War das deine eigene Entscheidung, oder geschah es auf Weisung der Redaktion?
WVH: Der Redakteur Byron Erickson bat mich, die Ducktales zu machen. Damals wurde auch die Arbeit mit den Ducks zu einer Vollzeitbeschäftigung.
JI: Es fällt auf, dass deine Duckgeschichten selten länger als 20 Seiten sind. Warum?
WVH: Ich mache nicht viele lange Storys, weil ich die kürzeren Komödien bevorzuge. Lange Comics sind gewöhnlich eher abenteuerlich als humorvoll.
JI: Warum kommt Micky in deinen Geschichten nicht vor?
WVH: Ich glaube nicht, dass Micky und Donald in dieselben Geschichten gehören. Sie haben beide ihre eigenen Welten. Ich mag es nicht, wenn man sie gemeinsam in eine Geschichte wirft.
JI: Im Verlauf deiner Karriere hast du verschiedene neue Figuren eingeführt. Die berühmteste davon ist Dagoberts Halbbruder Dietram Duck. Warum hast du diese Figur geschaffen? Wolltest du damit einen Beitrag zum Stammbaum der Ducks leisten?
WVH: Dietram Duck entstand nur, weil ich jemanden wie ihn für eine bestimmte Story brauchte. Ich hatte anfangs nie geplant, ihn zur Standardfigur zu machen. Das kam von selbst, weil sich Gelegenheiten ergaben, ihn erneut zu verwenden. Carl schuf die meisten seiner Figuren auf ähnliche Weise. Dagobert war 1947 für eine Weihnachtsgeschichte vorgesehen. Carl erkannte, dass er Potenzial hatte, und entwickelte ihn weiter.
JI: Deine Storys werden hier in Griechenland in der Zeitschrift ΚΟΜΙΞ abgedruckt. Hast du das gewusst?
WVH: Das einzige griechische Comicheft, von dem ich ein paar Exemplare habe, ist ΜΙΚΥ aus den frühen 90erjahren. Man druckte unsere Ducktales ab und verwendete auch etliche Covers.
JI: Was hältst du von jüngeren Künstlern? Verfolgst du überhaupt, was los ist?
WVH: Mit den jüngeren Künstlern bin ich nicht besonders vertraut. Ich bekomme Disneycomics nur noch selten zu Gesicht.
JI: Wie ist deine Meinung über die Situation der Disneycomics in Amerika?
WVH: Die Disneycomics in Nordamerika sind seit einem, möglicherweise zwei Jahrzehnten praktisch tot. Die Verkaufszahlen der Hefte schwanken um die 4000 pro Monat! Und das auf einem Kontinent mit über 350 Millionen Menschen! Egmont hat nie versucht, hier zu veröffentlichen. Sie dachten vor Jahren darüber nach und kamen zu dem Schluss, dass die Mühe sich nicht lohne.
JI: Es fällt auf, dass jede deiner (Disney-)Storys an verschiedenen Stellen eine Menge Mücken enthält. Was ist der Grund für diese spezielle, persönliche Signatur?
WVH: Es gibt keinen besonderen Grund für die Fliegen in den Bildern.
JI: Woran arbeitest du zurzeit?
WVH: Ich habe die Absicht, weiterhin etwa drei oder vier Geschichten pro Jahr anzufertigen, aber ich bin 71 Jahre alt und manchmal ist die Arbeit recht nervig. Doch meistens macht es Spaß.